„Kunst kommt von Können“ –
Vielleicht hat der- oder diejenige oder vielleicht war es zwei oder mehrere, das gedacht, als sie die
Skulptur auf der langen Stange neben dem Steinhauplatz angeschaut haben, eine aktuelle
Schülerarbeit aus der 12. Klasse, eindrucksvoll präsentiert. „Wer klaut denn sowas?“, fragt einer der
Schüler reichlich konsterniert, „das ist doch nix wert.“ – „Für uns vielleicht nicht. Wir können es ja
selbst machen. Derjenige, der sich die Mühe gemacht hat, den schweren Marmorbrocken von der
Stange zu lösen und herunter zu heben, sieht das wahrscheinlich anders. Er oder sie wird diese Kunst
des Steinbildhauens nicht beherrschen, offensichtlich“, entgegnet der Lehrer. Das coole Statement
über den „Wert“ war, klar, nur Fassade. Eine Fassade, die verbirgt, dass ein Zwölftklässler, eine
Zwölftklässerin reichlich schockiert ist über ein derartig dreistes Verhalten eines Unbekannten.
Werkstücke aus dem Unterricht werden immer gerne verschenkt, für Kinder ist es eine hohe
Arbeitsmotivation, etwas zu malen, zu stricken, zu nähen, zu schnitzen, zu plastizieren und dabei zu
wissen, für wen sie das tun, wem sie es schenken wollen. Abgeben ist also ein Thema, mit dem
unsere Schülerinnen und Schüler sehr vertraut sind. Es ist ein Ausdruck ihrer sich mit den Jahren
ausbildenden allgemein hohen Sozialkompetenz. Wenn allerdings etwas verschwindet oder verloren
geht, macht sie das in erster Linie traurig. Wenn etwas gestohlen wird, erzeugt das Abscheu,
Widerwillen, vielleicht auch Wut. Das nimmt man nicht hin, engagierte junge Menschen schon gar
nicht. Sie wehren sich und das ist gut so. Sie zeigen ihre Haltung und artikulieren sich, nicht nur bei
den ganz große Themen wie in der „Fridays for future“- Bewegung.
So ein „Kunstraub“ verursacht bei unseren Schülern und Schülerinnen „nur“ verächtliches und
missbilligendes Kopfschütteln, dann wird weitergearbeitet. Wer also den Kopf weggeschleppt hat,
vermutlich mit einem Auto, bestimmt am vergangenen Samstag oder Sonntag, als sehr viele
Menschen in der Schule beim Einführungswochenende zu Gast waren, mag sich fragen, ob diese
Handlung wirklich gewinnbringend und in irgendeiner Weise zielführend war. Wer sich am Anblick
der Skulptur zu Hause erfreuen wollte, dem mag diese Freude im Halse stecken bleiben. Zum Glück
gibt es schöne Fotografien, die das Stück abbilden. Wer also dieses schale Gefühl loswerden möchte,
kann den Stein einfach auf demselben Weg zurückbringen.
„Kunst kommt von Können“ – kann man lernen, wenn man will.
Thomas Verbeck
Von der ersten Klasse bis zum Abitur